Fahrrad

Die Straße ist ein Spielbrett

Von der Sucht nach gelben Zetteln und schönen Fahrstühlen – vom Leben als Fahrradkurierin

Seitenstraßen bergen oft unvermutete Geschäfte, die nirgends anders als in einer Seitenstraße sein wollen. In einer dieser Straßen mit Kopfsteinpflaster und nicht-abgesenkten Bordsteinen von Berlin-Mitte stehen klassische Rennräder vor einem Schaufenster. Für mich sind alte Rennräder, was für andere Mädchen schöne Ohrringe sind – es ist nie ein Fehler, mehrere zu besitzen. In den meisten Läden stehen leider nur noch verschweißte Aluminiumrohre mit fettgedruckten Labels und angeschraubten Pedalen. In diesem Seitenstraßen-Laden liefern sich dagegen ein golden, ein rot, und ein silbern schimmerndes Stahlross ein inszeniertes Kopf-an-Kopfrennen.

Die Klingel an der Tür verrät mich. Ein Mann mit rötlichen Haaren, Sommersprossen und pinkem Trikot kommt aus dem Hinterzimmer. Er poliert eine verzierte Fahrradkurbel. „Kann ick dir helpen?“, fragt er mit einem weichen kanadischen Akzent. – „Ich schau erst noch“, sage ich und meine: Das kann ich mir eh nicht leisten. Ich war, ohne es gemerkt zu haben, in einen Juwelierladen gegangen. Es waren eben nicht einfach nur alte Rennräder. Es waren Sammlerstücke der Marken Fausto Coppi, Motta und De Rosa – manche sogar unverkäuflich. Vielleicht stehe ich etwas länger als der Durchschnitt vor seiner geliebten Sammlung, den eingerahmten Zeitungsausschnitten über Tour de France-Rennen vergangener Jahrzehnte und den Schwarzweißfotos von Rennfahrern, die Schirmmützen statt Helme tragen. „Do you like a Kaffee?“ – „Gerne.“ Er verschwindet im Hinterzimmer.

Ein Fahrradkurier kommt zur Tür rein und ruft: „Hey Dustin, coffee please“. Dann fummelt er an seinem Funkgerät rum und sagt: „M17, mach kurz Pause“. „Breganator“, ruft Dustin und stellt mir einen Kaffee hin. Das Funkgerät rauscht. Der Kurier trägt eine Mütze wie auf den Schwarzweißfotos. Seine Ohren schauen hervor und sind knallrot von der Kälte. Er kann reden und zuhören gleichzeitig. „Ein Ordner von der Schönhauser zur Urania. Messenger. Ich brauch da mal jemand, … Messenger, lasst mich hier nicht alleine!“, rauscht es aus dem Funkgerät. – „I wouldn’t do it“, lacht Dustin. „Du musst auch nicht mehr davon leben“, sagt der Kurier, greift das Funkgerät und sagt: „M17. Schönhauser. In fünf Minuten von Dustin“. Er nimmt er ein paar Schlucke von seinem brühheißen Kaffee und radelt davon.

Ein paar Tage später stehe ich in der Kurierzentrale. Um einen großen Tisch mit Bildschirmen und Telefonen sitzen sechs Männer mit Headsets. „Alt-Moa nach einsneunzehn, Friedrich für Steglitz und Ku’damm für Ku’damm.“ Ich stehe am Tresen und weiß nicht, ob ich mich räuspern soll. Nachdem die Touren noch dreimal ausgerufen wurden, fällt einem Mann mit Glatze auf, dass ich immer noch da stehe. Als ich sage, dass ich Fahrradkurier werden will, blicken alle ein zweites Mal zu mir. Ob ich denn wisse, worauf ich mich einlasse? Heute hat es minus 17 Grad! Das erste wusste ich nicht so genau, das zweite schon. Ich war ja nicht mit dem Auto da.

Wenige Tage später gehe ich zum Finanzamt und melde ein Gewerbe an. Ich lege 26 Euro auf den Tisch und bin selbstständig. Die Kurierzentrale vermittelt mir die Aufträge, das erste Geld sehe ich in zwei Monaten – wenn die Kunden bezahlt haben.

An meinem ersten Arbeitstag wache ich um kurz vor sieben auf. Draußen ist es noch dunkel, nur der Schnee auf dem gegenüberliegenden Dach macht diesen Tag Mitte Januar etwas heller als er normalerweise wäre. Mein Zimmer ist kalt. Die Kohle ist mal wieder ausgegangen bevor der Ofen richtig Wärme abgeben konnte. Ich ziehe zwei Strumpfhosen, eine Hose und mehrere langärmlige T-Shirt an und schalte das Funkgerät ein. Als ich gefrühstückt habe, melde ich mich frei. Es ist noch nichts los. Eine dreiviertel Stunde tigere ich mit dem Funkgerät in der Wohnung umher – aus Angst meinen ersten Auftrag zu verpassen. Dann kommt aus dem Funkgerät: „Zwo Sieben?“ Ach ja, Zwo-Sieben, das bin jetzt ich. Ich finde nicht gleich den Sprechknopf. „Zwo-Sieben, Katharina?“ –„Ja, Zwo-Sieben?“

Mein erster Auftrag geht von der Linienstraße in den Friedrichshain. Ich trage mein Rad aus dem vierten Stock runter. Als ich die Haustür öffne, beißt mir die Kälte ins müde Gesicht. Die Autos haben den Schnee schon zermanscht. Auf den Gehwegen ist er zu Eis geworden. Ich fahre auf der Straße. Das Kopfsteinpflaster rüttelt mich. Ich fahre nach Gehör. Meine Augen schauen auf die nächsten paar Meter vor mir. Nicht die dünnen Reifen in einer Lücke verkanten! Es ist ungewohnt mit dem sperrigen, gelben Rucksack auf dem Rücken. Man muss sich viel mehr verdrehen, um hinter der Schulter nach Autos zu schauen. Trotzdem trage ich ihn gern; weist er mich doch samt ‚Funke’, die mir munter ins rechte Ohr plaudert, als echten Fahrradkurier aus.

Mit einem gläsernen Aufzug fahre ich in den fünften Stock – ein ausgebautes Dachgeschoss. Viel Glas, farbenfrohe, große Gemälde, kaum Zwischenwände. „Oh heute mal eine Frau!“, begrüßt mich die Empfangsdame. Sie hat die Sendung und den Scheck, eine gelbe Quittung, schon auf den Tresen gelegt. Hektisch ziehe ich meine Handschuhe aus und suche meinen Kugelschreiber, um meine Kuriernummer einzutragen, den Durchschlag schiebe ich ihr wieder hin. Rotherstraße steht auf dem Scheck. Nie gehört. Im Fahrstuhl verstaue ich die Sendung, schließe mein Rad auf und fahre außer Sichtweite. Dann halte ich an, Rucksack wieder runter, Handschuhe aus, Straßenkarte raus, im Straßenverzeichnis den Buchstaben R suchen, Fahrroute einprägen, Straßenkarte rein, Handschuhe an, Rucksack auf, losfahren.

Linienstraße, dann rechts in die Rosa-Luxemburg-Straße, dann links in die Dirksenstraße, Holzmarktstraße, Mühlenstraße – entlang an den letzten großen Überresten der Mauer und an der Spree, die man nur stellenweise sieht. Ich fahre auf der Straße, der Radweg ist vereist. Hupende Autos überholen mich, sie dürfen fünfzig fahren. Ich bin zwanzig Stundenkilometer zu langsam. Nach etwa zwanzig Minuten komme ich in der Rother Straße an. „Hallo, Fahrradkurier“, sage ich an der Gegensprechanlage und es klingt noch etwas ungewohnt aus meinem Mund. „Fünfter Stock.“ Der Summer ertönt. Kein Fahrstuhl.

Wenige hundert Schecks später habe ich das Spiel schon etwas begriffen. Kurierfahren lohnt sich nicht, es sei denn man ist gut. Wenn man mit nur einer Sendung durch die Stadt gurkt, sind die verbrauchten Kalorien teuer bezahlt. Erst wenn man ein paar Sendungen gleichzeitig aufnimmt, die die gleiche Himmelsrichtung haben, bleibt am Ende des Monats vielleicht ein bisschen was über. Geld, ja, Geld vielleicht auch. Geld ist wichtig für Kuriere. Sie brauchen es, um sich zwischendurch einen Kaffee zu kaufen, einen neuen Schlauch, Gore-Tex-Klamotten, eine Phil Wood-Nabe oder eine Eintrittskarte zum Sechs-Tage-Rennen. Aber wenn kein Geld übrig bleibt, dann wenigsten eine Auflistung der DIN-A6-formatigen gelben Schecks, auf denen die gefahrenen Touren drauf stehen – die wahre Währung unter Kurieren.

Unter zehn Schecks fährt eigentlich keiner nach Hause, der sich selbst ernst nimmt. Abends, oder am Wochenende werden die gelben Zettel ausgewertet nach Länge der Strecke, Extras wie Wartezeiten oder Expressfahrten; dann wird der Umsatz errechnet. Umsatz – klingt auch viel schöner als das, was letztlich raus kommt. Denn vom Umsatz kriegt die Zentrale mindestens ein Drittel. Abzüglich Krankenkasse und Berufsgenossenschaft, zwei Kaffees pro Tag und ein Mittagessen, das satt macht, bleibt wenig übrig. Und deswegen rechnet man lieber in gelben Zetteln oder in Umsatz – das steigert die Motivation.

Das Gute an den gelben Zettel ist: Sie machen süchtig. Wenn man sich entschlossen hat, etwas essen zu gehen und ein neuer Zettel via Auftrag in Aussicht steht, mobilisiert die Sucht ihre letzten Kräfte, um den gelben Zettel zu ergattern. Die Sucht nach den gelben Zetteln entwickelt Ehrgeiz. Man lernt schneller, wo sich welche Straßen befinden, welche Wege am schnellsten zum Ziel führen und durch wie enge Autoschluchten man noch hindurchpasst ohne sich an den Autospiegeln die Hände aufzureißen. Man lernt die Ampelphasen jeder einzelnen Kreuzung kennen, weiß bei welchem Rot-Ton man noch rüber fahren kann und man lernt bei welcher Bordsteinhöhe und Geschwindigkeit man eine Acht riskiert.

Aber zum Glück sind die kleinen gelben Zettel auch nicht alles. Noch besser als ein ganzer Stapel gelber Zettel ist die Tour in die Schlüterstraße 54. Immer wenn ich ‚Schlüter 54’ höre, überlege ich von meinem rationalen Parcours abzuweichen, um den Auftrag annehmen zu können. Berlin hat ungefähr einen Durchmesser von 40 Kilometern. Leider klappt es nicht immer. Die Schlüterstraße ist eine Seitenstraße zwischen Ku’damm und Kantstraße mit alten Linden und quer parkenden Autos. Die herrschaftlichen Häuser stammen aus der Gründerzeit und vielleicht verdanken sie es dem Kopfsteinpflaster, dass sie nicht vor lauter Abgasen frühzeitig ergraut sind. In der Schlüter 54 läuft ein roter Teppich das Treppenhaus hinauf. Aber am schönsten ist der Fahrstuhl. Er ist mit Holz und Spiegeln ausgekleidet, man muss eine Doppeltür aus verschnörkelten Gitterstäben schließen und kann während der langen, ruckeligen Fahrt auf einer samtroten Bank Platz nehmen. In jedem Stockwerk hält er kurz inne und man zittert ein wenig, ob er nicht vielleicht stecken geblieben ist. Aber selbst wenn, gäbe es keinen Fahrstuhl, in dem ich lieber stecken bleiben würde.

Am Freitag Anfang Februar gibt der Disponent über Funk durch: „Nicht vergessen, heute Abend ist Ice-Race auf dem Neuen See.“ Ice-Race – klingt, als sollte man sich das nicht entgehen lassen. Gegen halb acht schiebe ich mein Rad durch den dunklen Tiergarten. Die Wege sind vereist und nicht beleuchtet. Trotz Kälte ist der Park voll von herumlungernden Männern, die wohl entweder der gleichgeschlechtliche Sex oder Drogen hierher treibt. Ich verberge mein Gesicht tief in meinem Jackenkragen und hoffe, für niemanden interessant zu erscheinen. Als ich am zugefrorenen See ankomme, wird gerade der überlebenswichtige Glühwein heiß gemacht: mit Kohlen in einer ausgebauten Wäschetrommel. Und für die Rennbahn wird der Schnee um zwei kleine Inseln weggeschippt – damit es auch ja glatt genug ist. Etwa 30 Kuriere unterschiedlicher Firmen und andere Fahrradfreaks warten darauf, dass es losgeht. Auch nach Feierabend haben viele ihre Kuriertaschen auf dem Rücken – als ob sie angewachsen wären.

Ich kenne kaum ein Gesicht, aber in einer Gruppe, in der jeder jeden kennt, steht man nicht lang allein herum – zumal als Frau in einer Männerdomäne. Ich werde gefragt, ob ich das Rennen auch mitfahre. „Ich hab wohl das falsche Ra…“ – „Ach, jetzt erkenn ich dich! Du bist Zwo-Sieben! Respekt. Zu dieser Jahreszeit fangen selten neue Kuriere an. Ab jetzt wird es nur noch besser!“

Nur ein paar besonders Wahnsinnige gehen an den Start. Einer hat seine Laufräder mit Spikes aus Nägeln ausgestattet. Andere fahren auf BMX-Rädern – um schneller abspringen zu können. Nach dem Startschuss bin ich heilfroh, dass ich mich nicht habe überreden lassen. Mir tun die Knochen schon vom Zuschauen weh. Ich glaube als Außenstehender ist das Rennen lustiger – zumindest hinterher, wenn bei den Fahrern das Adrenalin nachlässt und die Prellungen anfangen zu schmerzen.

Leider stimmt die Aussage „Ab jetzt wird es nur noch besser“ nicht ganz. Wenn es nämlich besser – also wärmer wird, schmilzt der Schnee. Und das ist tausendmal schlimmer als minus 17 Grad. Dieser Zeitpunkt ist wenige Tage nach dem Ice-Race erreicht: Wo die Straße abfällt, rinnt das Tauwasser gleichmäßig bis zum nächsten Gully. Wo die Straße eben ist, sammelt es sich in eisigen Pfützen. Meine provisorisch montierten Schutzbleche brechen nach kurzer Zeit durch. Sie halten dem Druck des wassergesättigten Schnees nicht stand. Der gerade geschmolzene Schnee spritzt von meinem Vorderreifen auf meine Schuhe, durch die Schuhe, in die Schuhe. Mein Hinterreifen schleudert das Wasser auf meinen Rucksack, meinen Po, meine Oberschenkel. Ich weiche Pfützen kaum noch aus – nasser geht’s eh nicht mehr. Ich krieche die Straßen entlang und schäme mich fast dafür, mit dem bedruckten Rucksack Anti-Werbung für meine Kurier-Firma zu machen. Das einzige, was bei mir trocken bleibt, ist die in einer Plastiktüte eingewickelte Sendung.

Während die nasse Hose an meinen Beinen klebt, verfluche ich die Kunden, die im vierten Stock ohne Aufzug wohnen, oder nicht ausgeschildert ist, ob sie im Vorderhaus, Hinterhaus oder Seitenflügel sitzen. Immerhin ist in diesen Tagen das Mitleid auf meiner Seite und manche Kunden geben sogar ein bis zwei Euro Trinkgeld. Zur Belohnung für das fiese Wetter gönne ich mir Mauricio – meinen Lieblingspizzabäcker in der Oranienburgerstraße – und seine dampfende Pizza aus dem Holzofen. Als ich gezahlt habe, stellt er mir einen frisch gepressten Orangensaft und Tiramisu auf meinen Tisch – wie immer. Meine Mittagspause im Warmen rächt sich grausam. Wieder auf dem Rad machen sich die Beine extra schwer und die Kälte kriecht durch die nassen Sachen in die müden Glieder. Mühsam strample ich mich wieder wach und warm. Nachmittags schneit es. Die dicken Schneeflocken fliegen mir ins Auge.

Als ich in Moabit bin, wird eine Sendung von Alt-Moa in die Wrangelstraße ausgerufen. Eine schöne Tour von etwa acht Kilometern. Ich rufe „Zwosiebm“ ins Funkgerät. Der Auftrag ist mein. Kurz vorm ‚Potse-Platz’ kommt Kemperplatz in die Pfuelstraße. Die Tour passt genau in meine erste. Es läuft. Die Schneeflocken schweben malerisch auf mich herab. Der Verkehr macht, was ich will und dass ich schon seit heute morgen nasse Füße habe, stört mich nicht mehr. Lächelnd hole ich die Sendung bei Sony ab. Der Pförtner schaut verdattert. Wahrscheinlich fragt er sich, wie jemand mit dem Job bei dem Wetter gut gelaunt sein kann.

Wieder auf dem Rad geht drei Meter vor mir plötzlich eine Autotür auf. Ich fahre einen Schlenker ohne zu gucken, ob ein Auto neben mir fährt. Wäre ich wenige Sekunden früher dran gewesen, hätte ich mir mit etwas Glück vielleicht nur die Schulter gebrochen. Zum ersten Mal wird mir klar, wie schnell mein kleines Leben buchstäblich an einer Autotür hängen kann. Ich halte an. Der Autofahrer nimmt mich immer noch nicht wahr. Als ich ihn anspreche, murmelt er ein „Entschuldigung, hab Sie nicht gesehen“. Ich setze mich auf mein Rad und fahre langsam weiter.

Nach einer Woche Tauwetter kaufe ich mir eine Regenhose, eine Regenjacke und Neoprenüberschuhe. Die Füße werden damit zwar trotzdem nass, bleiben aber wenigstens warm. Mit den richtigen Klamotten macht das Spiel auf Berlins Straßen wieder Spaß. Je schlechter das Wetter, desto weniger Kuriere, desto mehr Aufträge pro Kopf und desto mächtiger der Gegner namens Zeit. Aktenordner müssen zum Steuerberater, Blutreserven ins Krankenhaus, Architektenpläne in Rathäuser, Kündigungen in Mietskasernen, Blumensträuße und Weinflaschen in Bürohäuser, Filme zur Berlinale und täglich drei Schachteln rote Gauloises vom Zeitungsladen gegenüber in die Friedrichstraße.

Wenn genug Aufträge da sind, spielen alle Kuriere in einer Mannschaft. Man denkt für andere mit – besonders für ‚Rookies’ wie mich: „Die Sendung kann Zwo-Sieben noch mitnehmen. Liegt doch auf ihrem Weg.“ – „Gut aufgepasst! Zwo-Sieben, steckst du die mit ein?“ Bei schlechter Auftragslage oder zu vielen Kurieren auf der Straße wird jeder zum Einzelkämpfer mit unterschiedlicher Fairness. Manche melden sich frei bevor sie ihren Auftrag erledigt haben, um früher auf die Warteliste für die nächste Tour zu kommen. Andere treffen sich zum Quatschen am Olivaer Platz oder Gendarmenmarkt.

Bevor der Frühling richtig losgeht, verabschiede ich mich über Funk – und aus Berlin. Ein Studienplatz ruft mich in den Süden Deutschlands. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt aufzuhören. Doch den richtigen Zeitpunkt gibt es nicht. Und beim Kurierfahren erst recht nicht. Ein paar trägt ihre Kurierleidenschaft bis Mitte fünfzig. Ein paar wechseln in die Zentrale. Ich könnte mich an dieses Leben gewöhnen. Aber ich bin noch zu jung, um hängen zu bleiben – nicht nur an einer Autotür.

Erschienen in Fahrstil (Dezember 2012)